Verwenden statt verschwenden – gut geplant ist halb gegessen

Von Regine Wehling

Im Rahmen unserer Gesunden Gemeinde wurde im Jahr 2021 die „G‘sunde Runde“ gestartet. Diese ermöglicht Angebote von Breitenfurter:innen für Breitenfurter:innen. So hat auch „Regines Kochwerkstatt“ ihre Pforten am 31.3.2022 in der Küche des PräHab Breitenfurt geöffnet und 7 TeilnehmerInnen konnten kostenlos am Workshop „Verwenden statt verschwenden – gut geplant ist halb gegessen“ teilnehmen.

Zum Hintergrund: In Österreich entsteht jährlich ca. 900.000 Tonnen vermeidbarer Lebensmittelmüll. Fast 60 % dieser Menge entsteht in privaten Haushalten und nicht, wie man vorschnell annehmen möchte, im Supermarkt oder Großhandel, der mit gerade mal 9 % an vierter Stelle der Lebensmittelverschwendung zu finden ist. Dazwischen liegen noch an 2. Stelle der Außer-Haus-Verzehr mit 19 % und an 3. Stelle mit 14 %, die Lebensmittelver-arbeitung. Die Vermeidung von Lebensmittelabfällen sollte jedem bewusst gemacht werden, denn sie ist ein wesentlicher Beitrag, um wertvolle Ressourcen zu schonen und unsere Umwelt und vor allen Dingen unser Klima zu entlasten. Wäre der weltweite Lebensmittelmüll ein eigener Staat, so hätte er nach China und den USA den drittgrößten(!) CO² Ausstoß weltweit.

Was passiert in Österreich zu diesem Thema?

Im September 2015 wurden auf dem Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung in New York einstimmig, von den 193 aktuellen Mitgliedstaaten, so auch Österreich, 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung, sogen. „SDGs“ – Social Development Goals unterschrieben. Nach ihnen soll unter anderem bis 2030 weltweit Armut und Hunger verschwunden sein. Gemäß Ziel Nr.12 sollen nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sichergestellt sein. Im untergeordneten Ziel 12.3 wird festgehalten, dass bis 2030 die weltweite Lebensmittelverschwendung um 50 % halbiert sein soll. Im Regierungsprogramm 2020-2024 der österreichischen Bundesregierung wurde ein „Aktionsplan gegen Lebensmittelverschwendung über die gesamte Wertschöpfungskette in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit den österreichischen Handelsunternehmen, mit Produzenten und karitativen Organisationen festgeschrieben. In der Praxis kooperieren bereits ein Großteil der Supermärkte in Österreich mit sozialen Organisationen, an die Lebensmittel gespendet werden. Daneben gibt es zahllose Initiativen von Vereinen, wie z.B. „Zero Waste Austria“ und Start-ups, wie die App „Too Good To Go“ oder Unternehmen wie „Unverschwendet“. Auch haben sich dem Beispiel der USA folgend die größten österreichischen Lebensmittelhändler verpflichtet, ihre 20 größten Lieferanten wiederum zu verpflichten bis 2030 ihre Lebensmittelabfälle um 50 % zu halbieren („Target Messure Act 10x20x30“). Dem Bericht des Rechnungshofs vom Mai 2021 folgend, gibt es auf globaler Ebene und bis zum Jahr 2019 auf Ebene der EU keine Methodik und keine Mindestqualitätsanforderungen für eine einheitliche Messung der Lebensmittelver-schwendung. Die ersten vergleichbaren Daten innerhalb der EU werden voraussichtlich ab Sommer 2022 zur Verfügung stehen. Wir dürfen gespannt bleiben.

Im Vorfeld des Workshops wurden die Teilnehmerinnen mittels eines Fragebogens dazu ermuntert, ihre Einkaufs- und Essgewohnheiten kritisch zu analysieren. Ebenso wurde ein Link zum Film „Reset – anders essen“, zu finden in der Mediathek des WDRs, verschickt, um die Teilnehmerinnen auf den Workshop einzustimmen. Die Ergebnisse des Fragebogens und die Eindrücke aus dem Film wurden angeregt diskutiert.

Praktisches Umsetzen

In der Kochwerkstatt ging es dann richtig los. Wir probierten kreative Rezepte für den „Zero Food Waste“ Haushalt aus. Wir verfolgten das Prinzip: „Aus 1 mach 3“ ebenso wie das Prinzips des Vorkochens (zu Neu-Deutsch: „Meal Prep“): wir kochten aus Gemüseresten einen großen Topf Minestrone. Daraus wurde 1. eine köstliche Suppenmahlzeit, 2. eine interessante vegetarische Spaghetti Bolognese Interpretation und 3. eine prima abgewandelte Suppenbowl mit gebratenem Tofu oder Brotwürfeln.

Aus einem Rest Kichererbsen, Nudeln, etwas Mayonnaise, Schnittlauch und Gewürzen wurde ein „Eiaufstrich“, den alle Teilnehmerinnen erst sehr kritisch verkosteten und dann sehr überrascht waren über den eigentlich identen Ei-Geschmack. Aus einem Rest geriebener Haselnüsse wurde mit Mehl, Zucker und Butter ein „Crumble“ für ein köstliches Obstdessert zusammengeknetet.

Mit etwas Mut zum Experimentieren werden Lebensmittelreste zu immer neuen leckeren Gerichten kreiert und damit leisten wir einen richtig guten Beitrag zur Verringerung der Lebensmittelverschwendung. Außerdem, wenn wir selber kochen, wissen wir genau, was bei uns auf den Teller kommt. Interessant ist, dass trotz eines immer größeren Angebotes an Kochshows, immer weniger gekocht wird.

Ein paar Tipps: Wir können Lebensmittelverschwendung vermeiden, wenn wir versuchen, nicht hungrig einkaufen zu gehen. Sinnvoll wäre es vor dem Einkaufen einen Speiseplan für eine Woche zu erstellen, und daraus Einkaufslisten zu schreiben um wirklich nur das einzukaufen, was auf der Liste steht. Wir sollten uns informieren, wie bestimmte Lebensmittel zu lagern sind und uns mit den Mindesthaltbarkeitsdaten beschäftigen.

Wenn 1000 Menschen auf der Erde beschließen, sie folgen dem Zero Waste Prinzip, hat das im Kleinen Auswirkungen. Wenn jede/jeder Konsument:in bzw. Haushalt versucht, sich ein wenig in seinen Gewohnheiten und seinem Konsumverhalten und hier im Besonderen im Umgang mit Lebensmitteln zu verändern, dann kann in Summe Großes bewirkt werden.

Nachhaltigkeit geht durch den Magen
Mit der interaktiven Ausstellung FOODPRINTS zeigt das Technische Museum Wien, dass die SDGs in das Leitbild des Museums integriert wurden. Im Rahmen dieser Ausstellung wird erläutert, wie weitreichend und eng unsere Ernährung mit den nachhaltigen Entwicklungs-zielen verknüpft ist. „Das geht weit über SDG 2 – Kein Hunger – hinaus“, erklärt General-direktor Peter Aufreiter. „Da spielt selbstverständlich ökologische Nachhaltigkeit eine große Rolle, aber auch faire Arbeitsbedingungen und weniger Ungleichheiten ebenso wie Informa-tionen und Bewusstseinsbildung über gesunde Ernährung oder globale Verflechtungen in der Lebensmittelproduktion. Und natürlich auch SDG 9 – Wie können Innovationen zu nachhalt-igen Lösungsansätzen für unsere derzeitigen und zukünftigen Herausforderungen beitragen?“

 

Weitere Infos:
www.sdgwatch.at

https://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/video-reset–anders-essen-100.html